Gedichte

Das Versprechen
von Shmuel Kedi

Was schenkte mir die Frau, die mich neun Monate in ihrem Leib trug, auf meiner langen Flucht aus Wohin?
Angst.
Die furcht eines Tages in den Dünen diesseits von nirgendwo zu versinken.
Im Süden kämpfte ich unzählige Nächte gegen Windmühlen aus unbeugsamer Einsamkeit.
Im Norden zündete ich in manchen Wintern tausend Kerzen an,
Tag und Nacht,
um dennoch weiter blind umher zu irren, bis Frühlingsanfang.
Was gebe ich dir auf deinem langen Weg zum Ort der nur von dir erschaffen ist.
Das Versprechen.
Am kostbarsten Gut auf Erden wird es dir nie mangeln.
Dein Herz bewohnt ein Berg aus Liebe, es ragt hoch hinaus über alle Niederungen der Einsamkeit diesseits von nirgendwo.


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Identität nach Augenmaß
von Shmuel Kedi

Erst als ich am Ende der Schlange der Passkontrolle am Flughafen Ben Gurion stand, nahm ich es mit Schreck wahr: Meine Papiere haben sich in der Luft des heiligen Landes aufgelöst.
Kann ein verwirrter Protagonist seine Reise fortsetzen ohne diese Dokumente?
Am Fernsehgerät in der Flughafenhalle wurde über den neuesten Stand des Krieges zwischen Halbmondfliegern und Kreuzrittern berichtet als ich um das Flughafengebäude schlich, ein Schatten ohne amtliche Identität.
Spät in der Nacht zog ich durch das bunte wie manisch gelassene Nachtleben von Tel Aviv.
Eine Frau war bereit, mich für die verbliebenen Fetzen der Nacht in ihrem Bett zu beherbergen. Als wir liebevoll in dem kleinen Zimmer nah am Meer aufeinander geprallt waren, bat sie mich, meine Augen offen zu halten, solange wir verkeilt blieben. „Immer wenn Du Deine Augen schließt, bleibt mir Deine Identität verborgen.“ flüsterte sie nach einer Weile angesichts der Morgenröte am Ufer des Mittelmeeres.
Als die Fischer zum Hafen in der Altstadt von Jaffa zurückkehrten, passierte ich die Passkontrolle am Frankfurter Flughafen –gänzlich ohne amtliche Identität.
Ich öffnete vor dem Grenzpolizisten lediglich meine Augen so weit ich konnte und hier bin ich.



Der Geruch in Echmads Laden
von Shmuel Kedi

Lila! Blau! Nein, nein, grün mit goldenem Rahmen! Fröhlich! Nein, nein, der Geruch in Echmads Laden ist melancholisch.

Wir streiten und versöhnen uns, Juden und Araber, die Toten und die Lebenden. Geruch von Süßigkeiten nach dem Verfallsdatum, gebratenen Auberginen und frischer Farbe.

Geruch jener unsichtbaren Blüte, die verwelkte, ohne je Frucht zu werden. „Es ist ein Araber, der den Traktor fährt.“

„Du wirst immer kurzsichtiger, mein Freund. Es ist ein Kind, das auf einem Eselsrücken reitet.“

Von einem weißen Blatt, dass in Obergaliläa seine Unschuld verloren hat, schauen mich unzählige Holzfasern an. Und wir streiten uns nicht mehr in Hebräisch und Arabisch.

Wir flüstern lediglich unsere Gedanken unterm alten Eukalyptusbaum. „Wird der Mond heute Nacht den Genezareth aus dem schweren, blauen Nebel einer biblischen Winternacht in leuchtendes Elfenbein tauchen?

Wird der Bus nach Nazareth wieder verspätet eintreffen?“ Der Geruch in Echmads Laden ist melancholisch.

Echmad lächelt versonnen und serviert schwarzen Kaffee. Was wäre schwarzer, arabischer Kaffee ohne kristallweißen und grobkörnigen Zucker?

Wie Nazareth ohne Pilger. Wie zartgeborener Frieden ohne Engelsgeduld.