Episode 13

Der Virologe als Schlagerstar

Virologen führten vor dem Ausbruch der Corona Zeit, ein recht unspektakuläres Leben.
Tag ein Tag aus Reagenzgläser füllen, leeren, monatelang Mikroorganismen ausspionieren und Ergebnisse notieren.
Steril und anonym ist das Leben im Labor. Nur wenige Virologen haben es bis jetzt zu Weltruhm geschafft.
Ein Popsänger z.B. kann es mit einem dreiminütigen Ohrwurm schaffen.
Wie ungerecht. Doch dann kam Corona!
Raus aus der Sterile des Labors und rein ins Rampenlicht, heißt es jetzt.
Tag täglich melden sich hunderte Virologen mit aufklärenden und mahnenden Beiträgen zu Wort.
In meinem virtuellen Postfach ragen Türme von Mails zu dem Thema hervor.
Liebe Virologen bleibt bitte im Labor, wir brauchen dringend den Impfstoff.
Schlager Sänger haben wir schon genug.  
In den Sechzigern kämpften Kinder gegen ihre altmodischen Eltern. Alt gegen jung. Heute wiederholt sich das Spektakel, Corona wegen.
Es sind wieder die kränklichen Alten, die der Massensauferei am Ballermann-Strand im Weg stehen.
Es sind die Alten, die wegen der Anti-Corona-Maßnahmen die Billigfliegerei verteuern und erschweren.
Vor ein paar Tagen war der Himmel zum ersten Mal seit Monaten wieder bedeckt mit dreckigen Kondensstreifen. Halleluja. Bald bekommt ihr eure Freiheit wieder.
Welche Freiheit?

Die Freiheit, nicht konfrontiert zu werden mit der schwindenden Fähigkeit emphatisch zu sein?
Wie viele Menschen können nicht mehr ehrlich und herzlich miteinander kommunizieren.

Die Freiheit, das Leben zu einer ewigen Kirmes-Veranstaltung zum Schnäppchenpreis zu degradieren?
Und die Lösung! Wenn ich es nur wüsste.
Schult vielleicht in kleinen Schritten euren betäubten Gemeinsinn.
Trefft euch in kleinen Gruppen. Zwei Bierflaschen pro Begegnung könnten vielleicht genügen.
Legt vielleicht zwei Tage die Woche die sogenannte digitale Diät ein? (wie es die Erfinder der Computer in Kalifornien tun)
Wie wäre es, mit kennenlernen ohne Internet. (hiess doch mal flirten, oder?)
 
In dieser fürchterlichen Epidemie, verbirgt sich eine einmaligen Gelegenheit.
Eine kostbare Verschnaufpause, die bitter nötig ist, um den Sinn unseres Lebens neu zu betrachten.
Zu schnell, zu digital, zu überladen, zu hektisch und dennoch ohne sichtbaren Sinn ist unser Leben geworden.

Sobald der Mensch aufhören wird, seinem digitalen Herdentrieb hörig zu sein, wird die Pandemie verschwinden, und eines Tages vielleicht auch der Dreck aus meinem Himmel, und eure Zukunft.
 
 
Alles liebe und Zuversicht!

Euer Shmuel (mittlere Risiko Gruppe)